Return to play postcovid Was tun, wenn es Sportler erwischt?

Im Alltagsleben und Beruf ist für die meisten Patienten nach einer Erkrankung mit dem pandemischen Coronavirus (SARS-CoV-2-Virus) die Rückkehr in die Normalität durch die behördlichen Anordnungen sowie das subjektive Empfinden geregelt. Beim Leistungs- und Gesundheits-Sportler dagegen stellt sich oft die Frage, ab wann und in welcher Form die sportlichen Aktivitäten wieder aufgenommen werden können. Dies führt verständlicherweise zu Verunsicherungen. Folgende Informationen sollen Ihnen einen Leitfaden sein, um solche Patienten zielführend zu beraten.

Gemäss Vorgaben verschiedener medizinischer Fachgesellschaften, insbesondere der schweizerischen Fachgesellschaft für Sportmedizin (SEMS) wird eine medizinische Untersuchung vor dem Wiederbeginn des sportlichen Trainings empfohlen. Ziel dieser Intervention ist es, mögliche Organ-Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Gute evidenzbasierte Untersuchungsprotokolle sind derzeit noch nicht vorhanden.

Früherkennung einer Myokarditis

Eine besondere Rolle nimmt für die Sportmedizin die frühe Erkennung einer potenziellen Myokarditis ein. Anzumerken ist, dass dieses Problem nicht nur coronaspezifisch ist, sondern auch bei anderen viralen Infekten auftreten kann.

Eine virale Myokarditis äussert sich im Allgemeinen durch thorakale Schmerzen, Palpitationen oder eine Kurzatmigkeit. Es sind aber auch atypische oder subklinische Verläufe möglich. Leider ist diese Erkrankung – nicht-assoziiert mit dem Coronavirus – auch eine häufige Ursache von plötzlichen Todesfällen im Sport. In Observations-Studien konnte bei professionellen Athleten und Amateursportlern mit bestätigter Infektion mit dem Coronavirus lediglich in weniger als 1-2% eine inflammatorische Herzbeteiligung (Myokarditis oder Perikarditis) im Kardio-MRI nachgewiesen werden. Somit handelt es sich glücklicherweise um eine sehr seltene Komplikation. Im Falle einer nachgewiesenen Myokarditis ergibt sich aber ein absolutes Sportverbot für mindestens 3-6 Monate.

Return-to-Play-Untersuchung

Die empfohlene sportmedizinische Untersuchung für das Return to Play nach einem nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infekt beinhaltet nebst einer Anamneseerhebung und einer klinischen kardiopulmonalen Untersuchung die Durchführung eines Ruhe-EKGs und eine Laboruntersuchung (mindestens Entzündungsparameter und Troponin). Es gibt keine spezifischen klinischen Befunde für das Vorliegen einer Myokarditis selbst. Im Falle einer Pericardbeteiligung kann ein reibendes Geräusch gehört werden. Zeichen einer resultierenden Herzinsuffizienz sollten beachtet werden (Halsvenenstauung, pulmonale Rasselgeräusche, 3. Herzton). Eine besondere Beachtung sollte dem Vorliegen von neu aufgetretenen Repolarisations-Störungen im EKG geschenkt werden. Gelegentlich kann die Interpretation von EKG-Befunden bei Sportlern eine Herausforderung darstellen. Eine gute Hilfestellung bieten diesbezüglich entsprechende Diagnosekriterien, welche Veränderungen bei Athleten als normal betrachtet werden dürfen (vgl. folgender Link).

Wir führen diese Return-to-Play-Untersuchung für unsere Sport-Teams und Einzelathleten regelmässig bei uns in der Sportmedizin durch. Grundsätzlich kann diese aber auch in der hausärztlichen Sprechstunde erfolgen. Der Zeitpunkt wird nach Aufhebung der nationalen Covid-Massnahmen so festgelegt, dass sich der Sportler für mindestens 2 bis 4 Tage subjektiv wieder gesund fühlt.  Sollten sich hierbei Auffälligkeiten ergeben, soll eine entsprechende fachärztliche weitere Abklärung in die Wege geleitet. Wir verfügen diesbezüglich über ein entsprechendes Netzwerk von kardiologischen und pneumologischen Fachspezialisten.

Gradueller Belastungsaufbau

Im Anschluss an die medizinische Freigabe bei unauffälligem Befund kann ein gradueller Belastungsaufbau über 5 Tage begonnen werden. Wir empfehlen unseren Athleten jeweils am Tag 1 nicht kreislaufbelastende Tätigkeiten mit Dehnungs- und Koordinationsübungen. Ab dem zweiten Tag können sie dann Einheiten mit einem leichten aeroben Ausdauertraining und Kraftübungen (ca. 70% der zuvor durchgeführten Intensität) durchführen. Am 3. bis 4. Tag wird die Intensität hierbei gesteigert und die  Rückkehr in das normale Team-Training kann erfolgen. Ab dem 6. Tag sind die meisten Sportler in Team-Sportarten wieder fähig, am Spielen teilzunehmen. Diese graduelle Belastungssteigerung setzt eine Beschwerdefreiheit nach jeder Stufe voraus.

Was tun bei verminderter Leistungsfähigkeit?

In der sportmedizinischen Sprechstunde sind wir oft mit der Fragestellung einer verminderten Leistungsfähigkeit konfrontiert. Die Differenzialdiagnose diesbezüglich ist naturgemäss sehr breit. Sehr oft ergibt eine gute Anamnese bezüglich der Belastungssteigerung, Erholungsdauer und Ernährungsgewohnheiten wertvolle Rückschlüsse über mögliche Ursachen, sodass oft keine weiteren apparativen Abklärungen in einem ersten Schritt notwendig sind. Im Kontext einer SARS-CoV-2 Infektion muss aber die Indikation für eine frühzeitige Abklärung grosszügig gestellt werden.

Gemäss Schätzungen der WHO beträgt die Erholungszeit nach einer milden Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus ca. 2 Wochen, bei schwereren Verläufen bis zu 6 Wochen. Im Falle einer persistierenden Dyspnoe oder Leistungsintoleranz sind sicher nach Ablauf dieser Zeit weitere Abklärungen im Hinblick auf eine Covid- assoziierte, strukturelle kardiale oder pulmonale Ursache notwendig. Diese Abklärungen umfassen in der Regel eine transthorakale Echokardiografie sowie gegebenenfalls eine Herz-MRI-Untersuchung mit der Frage nach einer Myokarditis durch einen Kardiologen. Falls keine kardiale Beteiligung nachgewiesen werden kann, können wir unseren Sportlern eine Lungenfunktionsuntersuchung und Spiroergometrie über die Leistungsdiagnostik bei uns im Hause anbieten.

Bezüglich Langzeitfolgen ist die Situation bekanntermassen aktuell noch etwas ungewiss. Bei einem Prozentsatz der genesenen Athleten muss wie in der Allgemeinbevölkerung auch mit persistierenden Symptomen auch ohne Nachweis einer strukturellen Herz- oder Lungenerkrankung gerechnet werden. Unsere Sportphysiotherapie und Leistungsdiagnostik bieten für entsprechende Abklärungen und die Rehabilitation Hobbysportlern dieselbe Strukturqualität und professionelle Infrastruktur wie den betreuten Leistungssportlern.

Fazit

Nach einer Erkrankung mit dem SARS-CoV-2 -Virus wird im Gesundheits- und Leistungssport eine medizinische Return-to-Play-Untersuchung empfohlen. Diese Umfasst eine Anamnese, eine fokussierte körperliche Untersuchung, ein Ruhe-EKG und eine Laboruntersuchung. Ziel der Intervention ist das frühzeitige Erkennen einer potenziellen kardialen Beteiligung durch eine Myokarditis. Diese Komplikation wird in weniger als 1-2% der Fälle gesehen. Die Wiederaufnahme des Trainings erfolgt nach einem Return-to-Play-Protokoll, wobei über ca. 7 Tage die Belastung langsam gesteigert wird.

Autor: Dr. med. David Pfisterer, Oberarzt Sportmedizin