Sturz auf die Hand: Zuerst Röntgen – wann CT oder MRI?

Notfallkonsultationen oder dringende Besuche aufgrund eines Sturzes mit Schmerzen an den Fingern oder des Handgelenks sind neben chronischen Wirbelsäulenleiden sehr häufig. Meist ist die hausärztliche Praxis erste Anlaufstelle nach weniger schwerwiegenden Verletzungen und bei subakut bestehenden Beschwerden nach zurückliegendem Trauma vor Tagen oder sogar Wochen.

Bei Verdacht auf eine knöcherne oder ligamentäre Verletzung der Strukturen von Hand und Handgelenk stellt sich immer wieder die Frage, welche Abklärungen dringlich und welche Zusatzuntersuchungen sinnvoll sind. Dieser kurze Ratgeber für die Praxis soll einen schnellen Überblick geben, wie in solchen Fällen im Einzelnen vorgegangen werden kann und wie bereits in der Praxis eine erste sinnvolle Bildgebung in die Wege geleitet wird.

Anamnese

Der Schweregrad einer Verletzung ist vom Ausmass des Traumas abhängig. Leichte Stürze auf die obere Extremität führen normalerweise beim jugendlichen und aktiven Patienten selten zu Frakturen oder Luxationen. Beim älteren Patienten und entsprechender Osteoporose kann aber auch ein Sturz aus dem Stand eine Fraktur des Radius oder eines Fingers begünstigen. Deshalb sollten beim jüngeren aktiven Patienten immer die Unfallursache und der genaue Unfallhergang erfragt werden. Bei einem Trauma mit viel Energie muss immer an eine gravierendere Verletzung gedacht werden.

Klinische Untersuchung

Ein erster klinischer Eindruck ist essentiell in der Primärbeurteilung eines Traumas. Schwellung oder Hämatom sind indirekte Frakturzeichen. Bei einer sehr ausgeprägten Schwellung muss vor einem Röntgen keine weitere klinische Untersuchung erfolgen. In solchen Fällen kann direkt ein «Übersichtsröntgen» der gesamten Hand oder des Handgelenkes erfolgen. Fehlt ein Hämatom oder eine Schwellung, darf durch Palpation der Ort des grössten Schmerzes «ertastet» werden. Somit kann speziell an dieser schmerzhaften Stelle eine genauere und direkte Beurteilung der Bildgebung erfolgen, sofern nach primärem Zuwarten und allenfalls Immobilisation die Beschwerden nicht bessern.

Welche Bildgebung ist nun sinnvoll?

 

Röntgen

In jedem Fall gehört eine konventionell radiologische Abklärung mittels Röntgen in zwei Ebenen zur primären Beurteilung.

Trauma an Finger und Mittelhand

In der Handchirurgie beliebt ist eine Übersichtsaufnahme der betroffenen Hand dp und bei Finger- oder Metakarpalverletzung zusätzlich eine seitliche Aufnahme. Eine Schrägaufnahme kann manchmal hilfreich sein, dient jedoch nie zur Beurteilung einer Frakturdislokation, da die Abbildung einer Fehlstellung durch die schräge Projektion verzerrt wird. Eine zusätzliche Bildgebung durch MRI/CT ist an den Fingern/Metakarpalia meist nicht notwendig.

Trauma am Handgelenk

Auch hier sollte primär ein Röntgenbild des Handgelenks in zwei Ebenen erfolgen. Im Notfall darf bei nicht eindeutiger Lokalisation problemlos bis zum mittleren Vorderarm ausgeblendet werden. Dies gibt einen ersten Überblick über die Verletzungsschwere und eventuelle Dislokationen. Aufgrund der vielen Überlagerungen der Handwurzelknochen sind diese jedoch schwieriger zu beurteilen, weshalb eine zusätzliche Bildgebung erforderlich ist.

CT oder MRI?

Sowohl Computertomografie (CT) wie auch Magnetic Resonance Imaging / Magnet Resonanz Tomographie (MRI/MRT) haben ihre Berechtigung und werden bei bestimmten Fragestellungen mit Vor- und Nachteilen eingesetzt. Im Folgenden stellen wir Ihnen diese Verfahren mit ihren Indikationen kurz vor.

Wann ist die CT indiziert?

Die CT bietet den Vorteil, eine Fraktur eindeutig zu diagnostizieren. An den Fingern ist dies meist nicht notwendig, aber an den Handwurzelknochen (Kahnbein-Skaphoid) häufig essentiell. Hier finden sich viele Überlagerungen, weshalb eine nicht oder wenig dislozierte Fraktur am Carpus oder an der Mittelhand nur mittels CT festgestellt werden kann. Je nach Fragestellung können verschiedene Einstellungen zur Durchführung der CT durch den Radiologen gewählt werden. Deshalb ist eine Verdachtsdiagnose durch klinische Untersuchung oder auch Röntgen für den Radiologen wichtig. In der Handchirurgie sind wir für eine exakte Diagnose dabei auf eine CT in 3 Ebenen angewiesen (coronal, sagittal und axial). Gegebenenfalls werden speziellen Rekonstruktionen in der Skaphoidebene erstellt. Am Radius bedarf es primär zur Diagnosestellung nur selten einer CT. Bei Verdacht auf intraartikuläre Fraktur oder deutlicher Fehlstellung kann eine CT zur OP-Planung Sinn machen.

Wann ist das MRI/MRT indiziert?

Der Vorteil der Magnetresonanztomografie liegt in der Feststellung von Flüssigkeitseinlagerungen, wie diese bei Hämatomen im Rahmen eines Traumas häufig vorkommen. Man erhält mit dieser Untersuchung, die ebenfalls wie die CT immer in 3 Ebenen erfolgen sollte (coronal, sagittal und axial), einen guten Überblick über allfällige Begleitverletzungen der Weichteile (Sehnen, Ligamente, Kollateralbänder). Mit dem MRI kann sehr sensitiv eine Flüssigkeitseinlagerung im Knochen (Bone bruise/Knochenkontusion) nachgewiesen und so okkulte Frakturen oder spongiöse Infraktionen dargestellt werden. Bei unklaren Schmerzen und etwas länger zurückliegendem Trauma und unauffälligem Röntgenbild ist ein MRI/MRT hilfreich. Bei evidenter Fraktur kann die Dislokation oder der Frakturverlauf besser in der CT beurteilt werden.

Im Zweifelsfall kann auf einer Anmeldung auch vermerkt werden, dass bei entsprechender Indikation nach Beurteilung eines MRIs zusätzlich eine CT durch den Radiologen durchgeführt werden soll (insbesondere bei Skaphoidfraktur).

MRI/MRT mit oder ohne Kontrast?

Kontrastmittel kann intraartikulär (MR-Arthrographie) oder intravenös (i.v.) appliziert werden. Nach einem frischen Trauma mit der Frage nach einer okkulten Fraktur wird die MRI-Untersuchung ohne Kontrastmittelgabe durchgeführt. Die MR-Arthrographie wird zur Diagnose von relevanten TFCC-Läsionen oder der akuten skapholunären Bandruptur eingesetzt. Beim aktiven Patienten sind diese selten, weshalb die intraartikuläre Kontrastmittelgabe nur in begründetem Verdachtsfall erfolgen soll. Die i.v.-Kontrastmittelgabe ist beim frischen traumatisierten Handgelenk selten notwendig und wird direkt durch den Radiologen während der Untersuchung indiziert. Typische Indikationen zur i.v.-Kontrastmittelgabe sind die Beurteilung der Vitalität eines Knochenfragmentes, die Beurteilung von entzündlichen Prozessen oder einer Raumforderung.

Bildgebung Fraktur der Basis des Hamulus ossis hamati
Fraktur der Basis des Hamulus ossis hamati. Auf den initialen Röntgenbildern (A, B) kann die Fraktur aufgrund der Überlagerungen nicht diagnostiziert werden. Die CT-Untersuchung in sagittaler (C) und axialer (D) Ebene zeigt die nicht dislozierte Fraktur der Basis des Hamulus ossis hamati klar.
Bildgebung Skaphoidfraktur
Nicht dislozierte Fraktur des Scaphoids. Die Fraktur ist auf der CT-Untersuchung (A, B) nur schwer erkennbar. In der MRI Untersuchung ist die Fraktur aufgrund des Knochenmarködems (C) und der bandförmigen Fettmarkverdrängung (D) gut diagnostizierbar.

Diese kurze Übersicht soll eine Hilfe für den hausärztlichen Alltag im Traumafall geben und kann deshalb nicht alle Aspekte vollumfänglich abdecken. Unklarheiten oder kurzfristige Fragen können Sie gerne telefonisch oder per E-Mail an die betroffenen Fachgebiete stellen. Zögern Sie nicht:

Autoren:

Dr. med. Stephan F. Schindele, Handchirurgie, Schulthess Klinik
Professor Dr. med. Christian W.A. Pfirrmann, MRI-Medizinisch Radiologisches Institut

Prof. Pfirrmann
Professor Dr. med. Christian W.A. Pfirrmann
MRI-Medizinisch Radiologisches Institut

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