Os trigonum
Eine 55-jährige schlanke und sportliche Patientin wird wegen anhaltender Schmerzen im Bereich des linken Sprunggelenkes zugewiesen. Sie erlitt im Februar 2006 einen Skiunfall mit Prellung des linken Unterschenkels, die eine Schwellung und Schmerzen im Bereich der Achillessehne und des äusseren Sprunggelenkes nach sich zog. Die Patientin arbeitet selbst als Physiotherapeutin und suchte zunächst keinen Arzt auf, sondern absolvierte Lymphdrainage in Eigenregie und nahm vorübergehend ein Schmerzmittel ein.
Die Schwellung zeigte sich rückläufig, ebenso die Schmerzen im Wadenbereich. Es verblieben jedoch Beschwerden im Bereich des Sprunggelenkes, so dass sie schliesslich einen Arzt konsultierte. Dieser veranlasste die Durchführung einer MRI-Untersuchung. Hier zeigt sich ein Defekt im Knorpelbereich, der im Mittleren hinteren Anteil der schienenbeinseitigen Gelenkfläche liegt.
Der Patientin wurde eine operative Intervention mit einer Spiegelung des oberen Sprunggelenkes und Säuberung desselben empfohlen. Der Fuss sollte geschont werden und bei Bedarf eine OSG-Bandage getragen werden. Aufgrund anhaltender Schmerzen und deutlicher sportlicher Einschränkungen stellt sie sich in unserer Sprechstunde vor.
Eine operative Intervention kommt für sie nicht primär in Frage, sie wünscht eine Zweitmeinung.
Im Rahmen der Untersuchung findet sich kein klinisches Korrelat, das einen Zusammenhang zwischen dem MRI-Befund und den von der Patientin angegebenen Schmerzen erklärt. Die Beschwerden projizieren sich auf die Aussenseite des Sprunggelenkes, im Bereich hinter der Knöchelregion. Sie verstärken sich beim Gehen auf unebenem Boden. Die Untersuchung zeigt eine diskrete Instabilität im Rückfussbereich, keine Schwellung, kein Erguss. Eine forcierte Pronationsbewegung löst den beschriebenen Schmerz aus.
Zur Stabilisierung des Rückfusses verordnen wir der Patientin physiotherapeutische Behandlung. Die nach drei Wochen stattfindende Nachuntersuchung zeigt jedoch keine Verbesserung der Schmerzsymptomatik. Es verbleibt ein provozierbarer Schmerz bei Pronation, verstärkt durch eine Extensionsbewegung. Eine Nativröntgenaufnahme erfolgt. Sie zeigt ein Os trigonum, sonst finden sich keine Auffälligkeiten.
Der akzessorische Knochen liegt im Bereich der hinteren Aussenknöchelregion. Unter anschliessender Durchleuchtung zeigt sich beim Ausführen des genannten Bewegungsablaufes eine Anstossungsreaktion dieses kleinen Knochens gegenüber dem Sprungbein. Ein diagnostisches Anspritzen dieser Region mit einem lokalen Betäubungsmittel bringt für die Patienten eine unmittelbare Schmerzfreiheit, so dass im weiteren Verlauf ein cortisonhaltiges Präparat infiltriert wird.
Fazit
Immer mal wieder kommt es zu Zufallsbefunden, die durch spezialisierte Aufnahmen, in diesem Fall die MRI-Aufnahme, zustande kommen. Diese verleiten zu Fehlannahmen. Der klinische Befund passte in diesem Fall jedoch nicht zum diagnostischen. Die zusätzlich durchgeführte Nativröntgenaufnahme brachte den entscheidenden Hinweis. Hinzu kam der stattgehabte Unfall der Patientin, der zunächst eine Korrelation zwischen MRI-Befund und Schmerzen vermuten lies. Die durchgeführte Infiltration unter Durchleuchtung führte schliesslich zur Diagnose.
Akzessorische Fussknochen
Hierbei handelt es sich um häufige, meist symmetrisch vorhandene Skelettvarianten, die meist zufällig entdeckt werden und überwiegend schmerzfrei und harmlos sind. Es kann zu lokalen Druckproblemen im Schuh kommen oder zu Anstossungsreaktionen gegenüber anderen Knochen. Eine Schwiele oder Entzündung kann sich ausbilden. Das Os trigonum liegt im Bereich des dorsalen Talokalkanealwinkel. Differentialdiagnostisch muss auch an einen Abriss des Processus posterior tali gedacht werden. Bei Unsicherheit kann eine Röntgenaufnahme im Seitenvergleich angefertigt werden.
Wie in unserem Fall geschildert, lassen sich die Beschwerden häufig gut und anhaltend durch eine cortisonhaltige Infiltration bessern, da hierdurch die Entzündungsreaktion behoben wird. Bei anhaltenden Beschwerden kann eine Entnahme des akzessorischen Knochens erfolgen. Dies wird mit einer lokalen Anästhesie, einem Fussblock durchgeführt. Die Operation kann ambulant erfolgen. Zur Entfernung eines Os trigonum ist ein kleiner Schnitt hinter dem Aussenknöchel erforderlich. Nach der Operation ist keine Entlastung des Fusses erforderlich. Auch das Tragen eines Spezialschuhs entfällt.
Eine Schonung für drei bis vier Wochen sollte jedoch eingehalten werden. Die Risiken des Eingriffes sind gering und beinhalten vor allem die allgemeinen Risiken einer Operation wie Entzündung, Wundheilungsstörung, Gefühlsstörung und wenn auch nur minim, eine Thrombosegefahr. Die Erfolgsaussichten sind bei gesicherter präoperativer Diagnose sehr gut, so dass nach Abschluss der Wundheilung keine wesentlichen Beschwerden mehr zu erwarten sind.